Warum der altenessener CLOWN LIAR keine rote Nase trägt
Die Antwort über Clown und Kinderzauberer LIAR in der WAZ
WAZ vom 3.11.2016. Artikel von Dietmar Mauer, Foto Ulrich von Born
Essen-Altenessen. Michael Prescler ist in Frankreich aufgewachsen, jetzt lebte er in Altenessen. Die Zauberei und den Clownsspaß hat er zu seinem Beruf gemacht.
Ein Reihenhaus irgendwo in Altenessen. Michael Prescler sitzt im weißen T-Shirt und Jeans am braunen, hölzernen Esstisch. Er lächelt. Ein Lächeln, dem man sich nur schwer entziehen kann. Das ist aber auch schon alles, was als Hinweis auf seinen Beruf dienen könnte: Der 40-Jährige ist Clownzauberer.
„Ich hatte ein konservatives Elternhaus“, erzählt der Mann, der in Thionville geboren wurde, mit leicht französischem Akzent. Nicht gerade ideale Voraussetzungen für eine Künstler-Laufbahn in Deutschland. „Obwohl“, erinnert er sich, „ich war wohl früher schon der Clown der Familie“.
Als Schüler interessiert er sich mehr für das Zaubern. Trotz der kreativen Ader folgt nach der Schule eine „ordentliche Ausbildung“. Prescler studiert Mathe und Erziehungswissenschaften. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums habe er aber gespürt, dass er nicht gleich vor eine Klasse mit 30 Schülern treten wollte. In Frankreich umschreibe man das mit „Metro, Arbeit, Schlafen“. Das will er nicht.
Michael Prescler verscherbelt also sein Hab und Gut – bis auf das, was in zwei Koffer passt. Die kommenden vier Jahre, in denen er als Animateur auf Kreta und Teneriffa arbeitet, werden die Weichen für sein (Berufs-)Leben stellen. Die Menschen zu unterhalten, das ist einfach sein Ding.
Wieder zurück – der Liebe wegen lebte er mittlerweile im Ruhrgebiet – arbeitet er im „Sealife“ Oberhausen als Besucherbetreuer und erklärt die Tierwelt. „Eines Tages wurde ich gefragt, ob ich nicht die Wartenden vor der Kasse unterhalten könne.“ Er kann.
Und auch beim nächsten Job ist es ähnlich. Als Floormanager im Bottroper Alpincenter unterhält Prescler nebenbei die Kinder.
Als ihn eines Tages eine Betreuerin fragt, ob er das neben- oder hauptberuflich mache, ist der Punkt gekommen. Ein halbes Jahr lang laufen Alpincenter und Clownzauberer nebenher. Dann wagt er – damals wohnt er noch in Gladbeck – den Sprung in die Selbstständigkeit als Künstler. Das ist siebeneinhalb Jahre her.
Um sich in einen Clown zu verwandeln, braucht der 40-Jährige keine Minute. Als Michael Prescler geht er die Treppe in den ersten Stock seines Hauses hinauf, in dem er heute mit seiner zweiten Frau wohnt, und kommt als Liar, der Clownzauberer, wieder herunter. Der blau-weiß-rot gemusterte Anzug ist – wie es sich für einen Clown gehört – ein wenig zu groß. Dazu ziert den einen Fuß ein roter, den anderen ein blauer Turnschuh. In der rechten Hand hält er drei Schaumstoffbälle, in der linken bunte Luftballons, die er in Windeseile kunstvoll zu Tieren oder Herzen verknotet. Auf dem Kopf trägt er eine passende Mütze. Keine rote Nase, kein geschminktes Gesicht. „Die rote Nase zaubere ich gewöhnlich einem Kind hinter dem Ohr hervor. Schminke brauche ich nicht, die Zuschauer sollen mein Gesicht sehen“, sagt der Vater zweier Söhne (8 und 11). Wichtig bei seinen Auftritten vor Kindern, die etwa 80 Prozent seiner Engagements ausmachen, ist ihm, dass die Kleinen mitmachen in der 45-minütigen Show. Für die Auftritte, oft mehrere an einem Tag, hält er sich mit Fitnesstraining in Form.
„Ich lüge nicht, ich schwindele nur ein bisschen“
Liar ist Englisch und heißt übersetzt „Lügner“. Ein ungewöhnlicher Name für einen Clownzauberer. So wörtlich will der 40-Jährige es nicht übersetzt wissen. „Ich lüge nicht, ich schwindele nur ein bisschen. Und das gebe ich vor den Kindern auch zu.“ Die meisten Tricks hat der Zauberer, der Französisch, Deutsch, Englisch und Spanisch spricht, übrigens übers Internet gelernt. Youtube sei Dank.
Spricht man Michael Prescler auf so genannte Horror-Clowns an, verfliegt sein Lächeln. „Das sind Menschen, die mit der Angst der anderen spielen und Clownmasken tragen. Was gerade geschieht, hat nichts mit dem Clown zu tun.“ Genauso gut könnten die Unruhestifter Affenmasken tragen. „Dann würde auch keiner fragen, ob sich dadurch das Image des Affen verändert.“
Er selbst sei in den vergangenen Wochen eher selten darauf angesprochen worden. Eine Frau aus einem Kindergarten rief vor einem Auftritt noch einmal an und bat ihn darum, nicht geschminkt aufzutreten. Das ist für Liar aber ohnehin ja gar kein Problem.
Michael Prescler wird über Essen hinaus gut gebucht – vom Kindergeburtstag bis zur Firmenfeier. An Wochenenden können es auch mal acht Auftritte sein. „Wenn ich angerufen werde und bin schon besetzt, dann verweise ich an Kollegen. Das machen die genauso.“ Clown Liar will von seinem Erfolg etwas zurückgeben. Mehrfach im Jahr verzichtet er daher bei Auftritten in Kindergärten und Kindertagesstätten zu Gunsten sozialer Projekte auf seine Gage. So wie demnächst in der Kita Schalthaus Beisen, im Julius-Leber-Haus und in der Kita Levinstraße.